3: Salzburg – Haus im Ennstal

Angekommen hier in Weissenbach bei Haus im Ennstal, bei Peter und Petra mit Kindern Ben und Esmey und Hunde Luna und Samy, sowie die Katze, die immer mit im Schlafsack im Baumhaus schläft. 2 Schlafplätze haben sie draussen – die sind heiss begehrt, den ganzen Winter durch schlafen sie draussen. Es gab Nudeln mit Ratatouillesosse und Salat, gerade liegt unsere Kleidung in der Schnellwäsche und Moritz pustet sein Luftkissen auf. Ach ja, Moritz geht morgen Skifahren. Hier im Haus steht alles voll mit Skiausrüstung. Ich habe etwas Angst vor einer Verletzung und ausserdem habe ich versprochen bis Ende Juli wieder zurück zu sein. Moritz fährt dann mit dem Zug zu unserem nächsten warmshowers host.
Während die logistischen Umstände fast zu leicht erscheinen und ich mich freue, wie weit ich komme, habe ich ein riesengrosses Gefühlschaos in mir: Abschiede…

Abschied für 4 Monate von Miri, von der Frau, die ich liebe und zu sehen, wie es uns beide sehr bewegt. Meine Traurigkeit wird etwas unterdrückt… und das ist Schade, doch irgendwie kann ich gerade nicht anders. Sonst würde ich gleich wieder zurück wollen.
Dann gab es eine Schmuggelwarenübergabe erneut an der Grenze mit dem Jan, meinem Bruder.

Aber von Anfang an: Jan wollte mir noch etwas übergeben und Miri wollte irgendwann nach Deutschland zurück. Wenn man vom Südrand Salzburgs die Salzach hinauffährt gibt es noch 2 Möglichkeiten, um nach Deutschland, genauer: ins Berchtesgadener Land zu kommen: Entweder direkt nach Markt Schellenberg oder von Hallein den Hügel Richtung Bad Dürnberg und dann nach Westen. Miri und ich saßen am Abend lange vor der Karte, um einen passenden Grenzübergang zu finden. Am liebsten wäre uns etwas, wo keine Straße entlangführe. Wenn Miri und ich vor einer Karte sitzen, kommt es vor, dass der eine etwas interessantes findet und der andere an einer anderen Stelle. Am Abend vorher können wir uns jedenfalls nicht einigen – ich will mit ihr als Abschied auf den Großen Barmstein – Miri möchte lieber an einem anderen „sicheren“ Grenzübergang rüber.

Wir fahren schließlich nach Hallein. Dort bekommen wir vom Stefan – ein Freund von Miria – ein leckeres zweites Frühstück spendiert. Stefan geht fast jeden Tag über die Barmsteine und erklärt uns die besten Routen.

Dann trennen sich Klaus und Moritz von uns: Sie fahren direkt etwas weiter Richtung Süden, während Miri und ich die Rampe Richtung Bad Dürnberg hinauffahren. Es geht mit satten 10% hinauf, bis der Abzweig Richtung Barmsteine kommt – Ich schalte in den kleinsten Gang, fahre im Wiegetritt und sehe schließlich auf meinem Steigungsanzeiger am Tacho „25%“, während ich absteige und weiterschiebe. Durch den Schnee schieben wir die Räder auf die deutsche Seite – Grenze? Gibt es hier nicht. Es geht noch 150hm auf den Großen Barmstein hinauf. etwas felsig, kraxelig – der vorerst letzte gemeinsame Gipfel, zwar nur 850m hoch, aber genau so, wie wir es mögen.

450 Meter über der Salzach überblicken wir das ganze Tal. Miri macht Fotos. Ich baue die Drohne auf. Und eine letzte, innige Bergumarmung.

Dann steigen wir ab und suchen den Jan, der sich irgendwo durch den Wald schleicht. Nach einer halben Stunde suche finde wir uns. Jan übergibt uns seine Schachtel. Und Miri geht. Ich habe Tränen in den Augen, während ich sehe, wie sie mit Tränen in den Augen aufs Rennrad steigt und den leichten Anstieg zitternd hinauffährt.


Moritz ist derweil mit Klaus bis Golling weitergeradelt. Ich also wieder runter, die steile Strasse ins Salzachtal und Moritz eingeholt.
Meine Hände sind noch ganz schwarz. Moritz Kette hat es 2mal so heftig zwischen Tretlager und kleinem Kettenblatt eingeklemmt, dass wir mitsamt dem Hrvoje (ein serbischer Rennradfahrer, der schon lange davon träumt mal nach Serbien zu fahren) und damit 6 Händen daran rupften und reissten – das schmutzige Fett hat sich in die tiefsten Hautschichten gebohrt.
Auf der Salzach kann man bestimmt auch paddeln. Etwas wilder als die Isar mit schmalen, engen Walzen und dunklerem Wasser.

Von der Salzach biegen wir nach Osten ab ins Pongau. Hier treffen wir auf überschneite Radwege, über die wir uns kämpfen. Moritz hält erstaunlich gut durch. Nur die steilen Anstiege machen ihn müde. In Eben im Pongau gibt es eine Pizza.

Und wir kommen erst spät bei Peter und Petra an – es ist nach 8 Uhr, stockdunkel und natürlich geht es einen letzten, saftigen Anstieg hinauf.


Peter war bereits insgesamt 9 Jahre auf Fahrradweltreise unterwegs. Er ist schon mehrmals in die Türkei und einmal mit seinem Freund „von Haustür zu Haustür“ gefahren – von Holland zum Zuhause des… Neuseeländers.
Peter und der 9jährige Ben begleiten mich dann morgen für 30-40km. Dann bin ich wohl das erste Mal einen halben Tag allein unterwegs. Ich habe etwas Angst davor. Angst davor gar nicht zu wissen, wie ich Entscheidungen alleine treffe. Und ich habe Respekt vor der morgigen Etappe. Zwar nur 102km – dafür über den Hohentauernpass auf 1.274m – von Norden sind da Rampen mit 20% Steigung. Da heisst es wohl schieben.
Viel mehr Respekt habe ich, wenn ich an die ganze Tour denke. Aber das mache ich jetzt nicht. Ich denke nur an heute. An jetzt. Ans atmen und treten. Atmen und treten. Und die Menschen, an euch, die ich in meinem Herzen trage…

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