Tag 20: Sieg mit Verlusten
Zuerst einmal: wir haben es geschafft. Kuku und ich im Gespann sind bis nach Pirot gekommen. 72km an einem Tag. Davon ist Kuku ca. 18km selber gelaufen.
40km davon mit grosser Unterstützung von Velko und Jovan. Mit Velko hatte ich am Dienstag das kleine Rennen.
Er jatte angeboten, heute mitzukommen. Jovan ist ein Freund von ihm.
Zuerst aber verabschiede ich mich nach 5 Tagen von Sonja. Ich habe sie wirklich lieb gewonnen und die vielen sprachlichen Finessen sehr genossen.
Kuku setzt sich nach 3 Anläufen auch in den Hänger. Ich spanne sie fest und Velko schaut, wie gut sie sitzt. Wir fahren an Markos Firma DualSoft vorbei. Dort kommt Marko kurz aus dem Büro und er übergibt Kuku noch ein letztes Stückchen Fleisch.
Wir fahren aus der Stadt hinaus, die für fast eine Woche mein Zuhause war.
Kuku sitzt und steht, sotzt und steht, schaut hinten heraus, aber bleibt brav drin. So kommen wir die ersten flachen 20km ganz gut voran. Kurz hinter Prosek gibt es zwei Möglichkeiten: entweder an der Nišava entlang, eine tunnelige Strecke, oder parallel zur Autobahn über eine vollkommen leere Strasse, die über einen satten Anstieg mit 250 Höhenmetern führt. Für gewöhnlich ist das etwas ganz normales auf Radtour. Für gewöhnlich habe ich auch nur 25kg Gepäck. Jetzt allerdings kumuliert sich das auch mit der selbst laufenden, ausgestiegenen Kuku auf ca. 41kg Zuladung.
Die Jungs schnappen sich allerdings jeweils eine Vordertasche und machen es sich zum Spass damit Hanteltraining auf dem Rennrad zu machen. Während ich mich weit hinten weit aus dem Sattel lehne und Kuku in der Mitte gar nicht weiss, warum sie plötzlich auf mich warten soll, halten die Jungs die Taschen waagerecht; wohl eine Challenge, wer die Tasche länger so halten kann.
Velko macht mehrere Videos und Fotos von mir.
Ich versuche währenddessen nicht an die vielen noch folgenden Anstiege zu denken.
Schliesslich bin ich oben. Es war nicht ganz so hart, wie die letzte Rampen am Hohentauernpass, aber wiedermal merke ich, dass mein kleinster Gang für eine Radreise doch noch etwas zu viel Übersetzung ist. (Bin mir gerade nicht sicher, ich glaube es hat 36-30 (vorne-hinten)).
Oben angekommen machen wir ein paar Videos mit der Drohne. Ich versuche sogar den Activetrack während die Jungs sich ein kurzes Rennen auf den letzten 300 Mdtern bieten. Allerdings verliert die Mavic sie am Ende. Schliesslich möchte ich noch eine Runde Spirale filmen.
Jovan weisst mich daraufhin, dass ich auf die Bäume aufpassen soll. Ich schaue mich um, fliege noch etwas höher und starte dann. Ich schaue der Drohne hinterher und sehe dann das Geäst des nächsten Baumes und springe noch zur Fernbedienung, da hängt die Mavic allerdings bereits im Baum. Sie versucht sich frei zu schnetzeln. Doch bleibt hängen und hat bei dem Versuch den ganzen Akku verbraucht.
Ups. Und jetzt? Sie hängt auf etwa 10m Höhe an einem astlosen Baum.
Die Rennräder liegen schnell am Boden, wir springen in den Graben, die Böschung hinauf und wollen zum Baum und bleiben erst einmal an den vielen Dornen hängen.
Es findet sich schnell ein langer, morscher Ast… der bei weitem zu kurz ist.
Jovan meint, dass wir auf jeden Fall eine Landevorrichtung brauchen. Also: Zeltplane auspacken und drunter halten.
Jovan versucht am Baum zu wackeln. Nichts. Auch treten und ein dicker Stein sehen vollkommen alt aus. Der Baum bewegt sich gar nicht.
Gut, dass hier so viele Autos vorbeifahren und so viel Besiedelung ist. Ha. Hier ist gar nichts.
Neuer Plan von mir: raufklettern!
Am unteren Ansatz ist der Baum noch etwas flacher, hier komme ich einen Meter hoch, rutsche dann aber mit meinen abgelatschten Schuhen, die sich gerade mit toniger Erde vollgesuhlt haben, aus. Zudem merke ich dabei, dass die notwendige Muskulatur gestern… naja – da waren so zwei andere Jungs im Park in Niš, die ein hartes Klimmzug-Workout gemacht haben… – sehr passend.
Jovan versucht es mit seinen Klickschuhen. Auch keine Chance.
„Okay. Let’s take 5 minutes to think.“
Jeder geht in irgendeine Richtung. Ich bin innerlich aufgewühlt: da ist auch irgendwie Freude da. Mit all ihren Aktionen zeigen mit die beiden, dass sie voll da sind für die Rettung der Mavic Air.
Ich hole derweil den Expander und das Gaffa tape. Es muss doch möglich sein aus mehreren Ästen einen langen zu basteln?
Das versuchen wir. Der erste Langstab bricht. Der zweite ist sehr biegsam und nacheinander sind wir mit einer koordinativen Fummelarbeit dran. Jeder erwischt die Drohne mal, sie bewegt sich, es passiert aber nichts.
Während Jovan weiter den biegsamen Ast wedelt, ziehe ich mir die Schuhe aus und hänge mich barfuss an den Baum. Ich erinnere mich an das Jahr 2009, an einen Josivaldo mit einer Machete im Mund, wie er eine 15m hohe Palme hochklettert. Mensch, der hatte Hornhaut auf den Füssen.
Ich gebe nach 1,50m auf. Währenddessen macht es „flupsch“ und die Drohne landet mehr oder minder abgefedert.
Yes! Mit purer Freude gehen wir zurück auf die Strasse. Die Jungs tanzen mit kiloschweren Erdklumpen auf der Strasse.
Test der Drohne: alles funktioniert noch. Glück gehabt.
Es geht weiter Richtung Bela Palanka – eine lange gezogene Abfahrt.
Wir sind alle vollkommen durchgekühlt. Velko und Jovan wollen schneller fahren, kündigen aber an, dass sie in Bela Palanka an einem Imbiss warten werden.
Also rollen Kuku und ich das erste Stück langsam abwärts – dann kommt sie bei der richtigen Abfahrt in den Hänger. Gut festgeschnallt rasen wir hinab. Ich taste mich an höhere Geschwindigkeiten heran und fühle mich dann sogar bei 40km/h passabel sicher.
So komme wir fix bis Bela Palanka.
Im Cafe werde ich wieder eingeladen. Jovan erzählt von seinen Bergtouren mit einem Freund, der professioneller Fotograd ist. Die Bilder beeindrucken mich richtig. Er war auf dem Olymp, wo es im Gipfelbereich im I. Grad hinauf geht.
Ich merke, wie gern ich den Jovan habe und bitte ihn eindringlichst, nach Deutschland zu kommen, um die deutschden und österreichischen Berge zu besuchen. So schön der Balkan ist, richtige Felsberge hat es hier viel weniger.
Er hat selbst Verwandte in Ulm und schon geplant, dass er mit dem Rennrad die Donau hochfahren will.
Jovan ist freischaffender Comiczeichner und sagt, dass er gerne ein Bild von mir und Kuku auf dem Rad zeichnen will.
Ich lasse ihn das 6 Bilderspiel machen und erfreue mich wieder mal sehr daran.
Jovan versucht mir noch über eine facebookgruppe eike Übernachtung in Pirot zu organisieren Währenddessen spielt Kuku ganz wild mit einem alten Strassenhund, dessen Penis beim spielen ganz freudig eregiert. Während er schliesslich versucht, auf Kuku zu springen, sind wir noch mit dem Austauschen von Kontaktdaten beschäftigt.
Jovan schnappt sich die Vorderpfoten des alten Hundes und lässt ihn im Männchen stehen und schickt mich mit Kuku davon.
Von dieser lustigen Szene habe ich leider kein Foto mehr, da der grosse Hund sofort wieder hinterhergerannt kam.
Hier im letzten Hinterland Serbien scheint nichts mehr zu passieren.
Ein Anstieg mit satten 10% zieht mich nochmal lange aus dem Sattel. Kuku darf wieder laufen.
Auf der anderen Seite setze ich sie wieder in den Hänger, mache sie allerdings nur mit einer Schlaufe fest.
Sie steht und fliegt im Wind, während wir immer schneller werden. Wie weit kann ich mich traueny frage ich mich, als es plötzlich hinter mir jault:
Kuku hat es irgendwie aus ddm Hänger gerissen. Ich bremse so scharf ich kann, Kukus Schlaufe durch das Halsband hat sich zum Glück gelöst.
Sie steht sofort wieder auf und kommt mir hinterher.
Ich bin unschlüssig, traurig und unendlich wütend – wie konnte das nur passieren? Wir rollen, bis es flacher wird, dann inspiziere ich erst einmal Kuku, die bei weitem nicht mehr so spielerisch wirkt, wie vorher.
Dennoch scheint bis auf etwas abrasierte Krallen nichts passiert zu sein.
Puh… wenn es die Schlaufe nicht gelöst hätte… dann hätte es sie einfach hinterhergerissen.
Ich bin von meinem, unserem beeindruckt.
Eins ist aber klar: Kuku darf im Hänger nicht mehr stehen. Ich muss es irgendwie schaffen, dass sie sitzt… wenn sie überhaupt noch reingeht.
Doch das klappt sogar nochmal. Die letzten 15km nach Pirot bleibt sie brav liegend im Hänger.
In dem kleinen Stadtzentrum esse ich frierend eine Pizza.
Über die fbgruppe gab es keine Übernachtung.
Das Hotel Gali ist 100m entfernt. Okay, das muss heute sein.
20€ – für mich, Hund draussen… ne, nicht heute, Kuku muss mit. Ich handel 30€ mit ihr aus und lege mich erstmal mit ihr zusammen ins Bett, muss kurz weinen und merke, wie sich Kuku ganz eng an mich kuschelt…
Also das zeigt eindeutig, wie die Notwendigkeit einer Handkettensäge auf Bikepacking Reisen unterschätzt wird.
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Hi Max,
Um damit den Stoffhang durchzusägen? 🙂
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